Ich gehe schon seit über acht Jahren zu meinem kurdischen Friseur
in Moabit: die Mischung aus Freundlichkeit, Preis und gutem Schnitt wiegt den
(inzwischen) größeren Umweg deutlich auf. Lange schon wunderte ich mich, wie
gut er sich auch nach Wochen oder Monaten noch alles merken kann, was ich so irgendwann
mal erzählte.
Vorletzte Woche wurde mein Termin nach hinten verschoben, da
würde es besser gehen, OK, kein Problem. Während des Arbeitens beugte er sich dann
plötzlich zu mir herunter, kommt nah an mein Ohr und fragt leicht verlegen, ob
ich denn zurzeit vergeben sei. Ich verneine fröhlich.
Er dreht leicht seinen Kopf zur Seite: „Sehen Sie da hinten
die Dame die dort gerade geföhnt wird? Das ist die Cindy. Sie ist auch Single
und hat sich total in Sie verguckt“. Ich erspare ihm die Frage, wie jemand, den
ich zum ersten Mal in meinem Leben sehe in mich verguckt haben kann und es bereits
meinem Friseur erzählt haben kann. „Sehr sympathisch, aber leider nicht mein
Typ“. Ihm fällt kurzfristig das Gesicht runter: „Aber warum denn nicht???“ Ich
erkläre es ihm, er akzeptiert es, aber offensichtlich schwer enttäuscht. Als
Cindy kurz darauf den Laden mit einem schmachtenden Lächeln in meine Richtung verlässt,
versinke ich so tief es geht im Friseurstuhl und beginne zu verstehen: mein
verschobener Termin war kein Zufall gewesen.
Gegen Ende des Haarschnitts kommt er wieder auf das Thema
zurück: „Ein ganz lieber Kunde von mir hat eine Schwester, die ist total
erfolgreich und würde phantastisch zu Ihnen passen. Dürfte ich vielleicht ein
Photo von Ihnen machen und es ihrem Bruder geben? Dann könnte sie sich bei
Ihnen melden!“ Ich platze fast mit einem lauten Lachkrampf.
Aber sei’s drum. Für so einen Spaß bin ich gerne zu haben.
Krasses Kundenbindungsprogramm.