Der Sonntag beginnt mit Stress: zu spät aufgestanden, in Lichtenberg die Regionalbahn verpasst. Aber die strahlende, warme Sonne lässt mich dann die Stunde auf dem Bahnsteig entspannt genießen und in Sonntagsstimmung kommen. Die Fahrt mit der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft nach Wendisch-Rietz ist traumhaft, Weiden, Wälder, Pferde, alte Katen, Seen. Ich beginne mich angesichts der Schönheit der Landschaft langsam etwas zu ärgern: zwei Sommer lang habe ich das Berliner Umland verpasst. Doch als ich ankomme, ist aller Ärger verflogen, die Natur lockt. Und das von Freunden organisierte Tischtennis-Turnier. Ein Heidenspaß: Teenager, Rentner, Elektriker, Akademiker zeigen ihre teils etwas eingerosteten, teils sehr imposanten Tischtenniskünste und alle kämpfen verbissen um jeden Punkt. Ich schaffe es sogar in die Finalrunde (um dann den letzten Platz der Gruppe machen...).
Als es später dunkel wird folgt das gemeinsame Grillen an langer Tafel, weitere Nachbarn stoßen hinzu. Als es kühler wird macht der Hausherr ein Lagerfeuer an, schenkt Selbstgebrannten aus. Stefan steigt zur Erheiterung aller auf die extra herbeigetragene Leiter, um mit seinem Laptop doch noch Internetempfang zu bekommen. Aber es nützt nichts, die moderne Zivilisation ist zu weit weg, die Handys bleiben aus. Welch ein Glück.
Es ist nach Mitternacht, ein harter Kern von acht Nachtschwärmern steht um das wärmende Feuer, da es trotz der 26°C tagsüber dann nachts doch schon kühler wurde, als jemand sagt: „Es ist gerade 3. Oktober geworden. Wenn es die Einheit nicht gegeben hätte, stünden wir heute hier nicht zusammen“. Und alle fangen an, sich zu freuen. Und erzählen ihre Geschichten. Fünf Ossis, drei Wessis. Plötzlich beginnt eine (Ost) die Nationalhymne zu singen. Ich halte kurz die Luft an. Doch das Wunder geschieht: alle stimmen lachend ein und genießen unter dem hell strahlenden Sternenhimmel diesen sehr persönlichen Moment der Deutschen Einheit und Freiheit.